Wasser im Kaffee oder Ein Schwall der Erheiterung

Cappuccino im Häferl auf grünem Tisch

“Pass auf”, sagt das kleine Mädchen zu mir.

Muss die Tochter eines Stammgasts sein. Ich habe sie schon ein paar Mal in dem Kaffeehaus gesehen.

Sie meint es wohl gut, aber es nervt mich. Es nervt mich heute sowieso alles. Es ist einer von den Tagen, an dem nichts so richtig gelingen will. 

“Du solltest dich da nicht hinsetzen”, sagt das Mädchen und ich überlege kurz, ihr eine Grimasse zu schneiden, aber dann erinnere ich mich, dass ich erwachsen bin und hebe nur die Augenbrauen.

Sie deutet nach oben. Auf den alten Sonnenschirm. Beziehungsweise auf das Stück des Schirm, das sich durch den Regenguss von gerade eben mit Wasser gefüllt hat und sich nun gefährlich nach unten biegt.

Ich rüge mich dafür, dass ich genervt sein wollte und bedanke mich.

Aber es ist kein anderer Platz im Gastgarten frei und ich habe mich schon auf einen Kaffee gefreut, also stelle ich mich auf die Zehenspitzen, versuche von unten an das Stück Sonnenschirm zu kommen, das sich vor Regenwasser biegt und es anzustupsen, um das Wasser auszuleeren.

Aber ich bin zu klein.

“Das geht so nicht”, sagt das kleine Mädchen und ich muss all meine Kraft zusammennehmen, um sie nicht nachzuäffen.

“Offenbar”, sage ich nur. Ich fürchte, meine Genervtheit habe ich nicht sehr gut versteckt.

Das Mädchen geht weg.

Platzwechsel

In dem Moment wird ein Tisch frei. Er befindet sich in der Mitte des Gastgartens, wo neuere, stabilere Schirme stehen.

Ich bestelle einen Cappuccino und ein Joghurt mit Früchten. Will mich auf mein Buch konzentrieren, aber muss der Stimme des kleinen Mädchens zuhören, das nun neue Gäste auf die Kuhle im Schirm aufmerksam macht.

Ich verdrehe die Augen. 

In dem Moment kommt ein Windstoß, bringt den Sonnenschirm zum Wackeln und bevor ich weiß, wie mir geschieht,  ergießt sich ein Schwall Regenwasser über mich.

Meinen Kaffee.

Mein Joghurt.

Verdattert blicke ich auf mein durchnässtes T-Shirt, meine durchnässte Hose. Blicke auf und sehe, wie mich die anderen Gäste ansehen. Sie haben wohl mitbekommen, dass ich mich extra umgesetzt habe, um dem Wasser zu entkommen. Haben vielleicht mitbekommen, dass ich etwas forsch zu dem kleinen Mädchen war. Sie scheinen den Atem anzuhalten. 

Da fällt mein Blick auf das kleine Mädchen. Ich sehe, wie es versucht, nicht zu lachen. Und endlich kann ich mich auch nicht mehr ernst nehmen und beginne, sie anzugrinsen. Sie prustet los. Und ich pruste mit.

Ich habe das Gefühl, die Gäste um mich herum atmen erleichtert aus.

Und die Kellnerin steht schon mit einem neuen Cappuccino nehmen mir.

Unverwässert.

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