Ein Mann zu viel beim ersten Date oder Späße des Schicksals

Rotwein

Manchmal glaube ich ja, das Universum macht es absichtlich.

Etwa, letztens: Erste Verabredung mit einem neuen Mann.

Also der Mann ist nicht neu an sich.

Aber neu für mich.

Nennen wir ihn Matthias.

Treffpunkt ist vor einem Lokal im ersten Bezirk.

Er ist schon da, als ich um die Ecke biege.

Sieht nett aus. Und die Begrüßung ist auch überraschend einfach, eigentlich fast schon spritzig. Na, vielleicht wird das ja noch was.

Wir drehen uns in Richtung Restaurant.

Es ist ein Lokal mit riesiger Fensterfront. Ist ziemlich voll, denke ich, während ich den Blick über die Gäste im Inneren schweifen lasse. Hätten wir vielleicht reservieren sollen?

Und dann sehe ich ihn.

Diesen einen Typen, den ich letztens bei einer Party kennengelernt habe, und den ich eigentlich ganz interessant finde.

DAS GIBT ES DOCH NICHT.

Von all den 5.896 Lokalen, die wir in Wien haben, muss er ausgerechnet in dem sitzen, in das ich mit einem ersten Date gehen möchte?!?

Noch dazu an dem gleichen Tag!

Zur gleichen Uhrzeit!

Männerüberschuss

Das kann nur ein fieser Spaß sein, aber eins sage ich dir, liebes Universum, lustig ist das nicht, als hätte man nicht so schon seine liebe Not, mit einem ersten Treffen, da müssen einem nicht noch extra Steine in den Weg gelegt werden.

Ich höre das Universum leise kichern.

Dabei, denke ich, den Interessanten Typen (IT) beobachtend, sieht er doch gar nicht so, als würde er in so fancy Lokale gehen. Der ist doch eher Typ erdig. Hat bestimmt sein Date ausgesucht. Ist das überhaupt ein Date? Aber er sitzt jedenfalls mit einer Frau allein an einem Tisch. Und es sieht nicht vertraut genug aus, um die Freundin zu sein. Aber auch nicht freundschaftlich genug für die Schwester.

(Und ganz klar, gibt es nur diese zwei Kategorien, die Welt ist schließlich Schwarz-Weiß.)

“Alles okay?”

Außenansicht eines Dates

Oh, Mann, der arme Matthias.

(Während meiner panischen Erkenntnis und den panisch darauf folgenden Gedanken bin ich wie erstarrt stehen geblieben.)

“Ähm, das sieht ja super voll aus…”, sage ich und bleibe weiter wie erstarrt sehen. Was mache ich jetzt? Wie kann ich Matthias dazu bringen, dass wir in ein anderes Lokal gehen? Ich kann schwer vorschlagen, dass mir das Lokal nicht gefällt, es war immerhin mein Vorschlag.  “…wer weiß, ob wir da einen Platz bekommen…” Das stimmt ja wirklich.

Matthias schüttelt leicht den Kopf. Er denkt sich bestimmt, er ist wieder an so eine Komische gekommen. Der Arme, er hat ja keine Ahnung, dass ich eigentlich ganz normal bin. “Naja, aber wenn wir nicht hineingehen, werden wir es nie erfahren, oder?”, schiebt er nach.

OH GOTT, ICH KANN DA DOCH NICHT HINEINGEHEN!

Suche nach Auswegen

“Hmmm…”, sage ich, um Zeit zu gewinnen und scanne hektisch die zwei Räume.

IT sitzt nämlich im rechten Hauptraum. Links, also dort wo man bei der Tür hineinkommt, gibt es aber auch ein paar Tische.

Und da, ganz an der Wand mache ich einen leeren Tisch aus. HA!

“Schau”, sage ich betont gelassen, “da ist ja einer.”

Erleichterung durchströmt mich.  Das ist natürlich eine Option: in dem anderen Raum Platz zu nehmen. Da sehen wir einander nicht. Da kann er mich nicht beobachten. Außer ich muss aufs Klo. (Dann müsste ich nämlich durch den Hauptraum.) Gut, dann ist Klogehen in den nächsten Stunden eben Tabu. (Blöd nur, dass ich die kleinste Blase der Welt habe, aber darauf kann ich jetzt keine Rücksicht nehmen…)

Also, schnell vorangehen, damit  Matthias nicht einen anderen freien Tisch ausmacht und dorthin möchte.

Oder damit uns der Tisch, den ich will, nicht von jemand anderem weggenommen wird. Etwa von diesem Pärchen, das gerade auch auf das Lokal zusteuert…

Ich haste also los. (Okay, ich jogge.)

Das mit dem guten Eindruck funktioniert super.

Endspurt

Ich reiße die Tür auf, Matthias ist mir auf den Fersen. Vielleicht will er auch nur schnell ein Bier bestellen, um sich das Treffen normalzutrinken. Ich glaube, ich brauche zur Beruhigung auch gleich ein großes Glas Wein.

Letzte Hürde: Der Weg, am Durchgang vorbei, durch den es in den Hauptraum geht. IT sitzt zwar mit halbem Rücken zum Durchgang. Aber man weiß ja nie. Vielleicht dreht er sich genau in dem Moment um. Würde ich dem Universum jedenfalls auch noch zutrauen.

Ich starre also gerade aus, fixiere den Tisch meiner Wahl an und zwinge mich, nicht nach rechts zu sehen – NICHT NACH RECHTS SEHEN! –  als ich am Durchgang vorbei gehe. (Okay, ganz kurz habe ich den Kopf gedreht, aber er hat eh nicht hergesehen.)

Geschafft.

Am Ziel

Erleichtert lass ich mich auf den Stuhl fallen. Das Adrenalin ebbt langsam ab.

Ich grinse Matthias an. Er grinst zurück. Vielleicht ist ihm gar nichts aufgefallen.

Ich bin ja eine sehr subtile Person.

“Also, Anna”, sagt er, als wir bei der Kellnerin ein großes Bier und ein großes Glas Wein bestellt haben, “wer sitzt da drüben, den du nicht sehen möchtest?”

Na, aber zumindest haben wir gleich ein Gesprächsthema.

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