3 Dinge, die man von einer England-Schreibwoche mitnimmt

+++ English Version Below +++

Es war Zufall, der mich vor zwei Jahren nach Derbyshire gebracht hat. Oder vielleicht war es auch Schicksal. 

Ich wollte im Urlaub mein kreatives Schreiben verbessern, das so leicht hinter der journalistischen Arbeit zurückbleibt. Auf der Suche nach entsprechenden Schreibwochen wurde ich im deutschsprachigen Raum nicht fündig. Vielleicht habe ich aber auch gar nicht so intensiv nachgesehen, weil der anglophile Teil in mir, die Möglichkeit witterte, wieder einmal über den Kanal zu springen (damals ging das noch ganz leicht, ohne Vortest, Nachtest und Quarantäne).

Zufällig kam ich auf die Seite von Swanwick Writers Summer School. Ich war überrascht, wie viele Menschen auf den Gruppenfotos waren. Die Schreibstätten, an die ich dachte, hatten vielleicht zwanzig, dreißig Besucher:innen, aber mehrere hundert? Es muss die Leichtigkeit gewesen sein, die sie ausgestrahlt haben, von der ich heute weiß, dass sue den Ort einzigartig macht.

Dazu das englische Herrenhaus mit seinen vielen Türmen und Erkern. Ich weiß noch, dass meine Mama meine Entschlossenheit verwundert war. Immerhin kannte ich dort niemanden, würde wegen einer Hochzeit einen Tag später anreisen, dann würden sich alle schon kennen. Ich schrieb damals noch gar nicht wirklich auf Englisch; hatte es studiert, nutzte es aber nicht so viel. 

Bauchgefühl

Aber manchmal weiß man, dass eine Entscheidung gut sein wird. 

Es war sogar etwas mehr als gut. Dass ich heute in England wohne, hat stark mit dieser Woche zu tun. 

Und so war ich nun vor dem zweiten Besuch ziemlich aufgeregt. Wiederkehrende Dinge, die beim ersten Mal zu schön waren, halten den Vergleich beim zweiten Mal oft nicht stand. Das weiß man von jedem zweiten Teil eines Blockbusters. Doch schon beim Aussteigen aus dem Auto riecht die Luft nach Ankommen. Da ist wieder die unsichtbare Hand, die einen mitnimmt, mit Energie überschüttete, mit Inspiration bereichert, mit Motivation versorgt. Es ist eine dieser Urlaubsblasen, die man nur von innen versteht. 

Was ich heuer mitgenommen habe (neben vielen bereichernden Gesprächen, Seminaren und Vorträgen):

1) Du kannst es lernen

Gefühlt herrscht im deutschsprachigen Raum immer noch, wenn auch versteckt, die Einstellung, dass Schreiben ein Geschenk ist. Man kann es oder eben nicht. Und so hat sich in mir der Glaube verfestigt, dass wenn der erste Versuch einer Geschichte nichts ist, daraus aus nichts werden kann. Die Schreibwoche ist wie eine liebevolle Gehirnwäsche, um dieses Vorurteil aus dem Weg zu räumen. Natürlich kann man Schreiben lernen, ist das Motto und es gibt Dutzende Kurse, die einem dabei helfen: Wie baue ich Spannung auf, wie schaffe ich lebhafte Charaktere, was gilt es bei Krimis zu beachten. Es gibt Seminare für Sachbuchautor:innen und Tipps für angehende Magazinschreiberinnen. Und die vielleicht beste Motivation ist das Gefühl der Unterstützung, der ehrlichen Anteilnahme und Freude über den Erfolg der anderen. 

2) Du kannst es schaffen

Nach dem gefüllten Tagesprogramm gibt es abends Vorträge. Die Sprecher:innen kamen aus unterschiedlichen Genres: ein Verleger, ein Drehbuchschreiber, eine Dichterin und eine Krimiautorin. Doch eine Botschaft haben sie, manchmal nur subtil, alle mitgetragen: Auch wenn du anfangs keine Kontakte, keine Erfahrung, kein Wissen hast: Du kannst es schaffen, wenn du dich richtig reinhaust, wenn du dir richtig viel Mühe gibst, dich nicht von den ersten Niederschlägen entmutigen lässt. Natürlich, im Laufe ihrer Karriere hatten alle diese Personen ein oder mehrere glückliche Momente, die sie vorangetrieben haben. Aber je mehr du gibst, meinte Drehbuchautor Julian Unthank, desto höher ist die Chance auf einen glücklichen Moment. 

3) Du solltest eine Verkleidung einpacken

Vergangenes Jahr habe ich den eklatanten Fehler begangen, die Verkleidungslust der Engländerinnen zu unterschätzen. Mit meinem schwarz-gelben Blumenkleid war ich ein Mauerblümchen im Vergleich zu den ausschweifenden Flower-Power-Designs vieler anderer Teilnehmer:innen. Das würde mir nicht noch einmal passieren. Wohlweislich besuchte ich vorab also den Fancy-Dress-Shop meines Vertrauens und wurde  nicht nur mit Flapperkleid, und Kette, sondern auch mit Handschuhe und Federhaarband ausgestattet. Womit ich nicht rechnen konnte: Nachdem ich mir genug Mut zugesprochen hatte, bei der diesjährigen Theateraufführung mitzuwirken, wurde mir doch ausgerechnet die reiche, mörderische Erbin zugesprochen. Das Kleid hätte zu keiner Rolle besser gepasst. 

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3 Things I Took from Two Summer School Trips

It was chance that brought me to Derbyshire two years ago. Or maybe, it was fate.

I wanted an educational vacation to improve my creative writing craft, which easily lags behind journalistic work. So, I set out to find creative writing workshops and didn’t find any in the German-speaking world. Perhaps I didn’t look too hard because the anglophile part of me sensed an opportunity to jump across the channel once again (back then, it was easy to do, no pre-test, post-test or quarantine).

By chance, I came across the Swanwick Writers’ Summer School site. I was surprised at how many people were in the group photos. The writing schools I was thinking of had twenty, maybe thirty delegates, but several hundred? It must have been the ease they exuded that I now know makes the place unique. Plus, the typically English stately building with its bay windows and turrets. I still remember that my mom was puzzled by my determination. I didn’t know anyone there. In addition, I would arrive a day later because of a wedding, and then everyone would already know each other. Also, I didn’t really write in English at that time. I had studied it but didn’t use it a lot.

But sometimes, you know instinctively that a decision is going to be good.

Trust your gut instinct

It turned out to be maybe a tiny bit more than good. The fact that I now live in England has a lot to do with that week.

And so, I was a little excited before the second time. Recurring things that were too good the first time around often don’t stand up to comparison when you revisit them. You know that from every second part of a successful blockbuster. 

But as soon as I got out of the car, the air smelled of arrival. There was that invisible hand again, taking you along, showering you with energy, enriching you with inspiration, providing you with motivation. It’s one of those vacation bubbles that you can only understand from the inside.

What I took from this years’ week (besides numerous few enriching conversations, seminars and lectures):

1) You can learn it

The attitude that writing is a gift still prevails in the German-speaking world, albeit in a hidden way. You can do it, or you can’t. And so, the belief has solidified in me that if your first attempt at a story is unsuccessful, it is never going to change. Swanwick lovingly washes that prejudice right out of your brain and swills it down the plughole. Of course, you can learn to write, is the motto, and there are dozens of courses to help you with precisely that: How to create suspense, how to create vivid characters, what to look for in crime novels. There are seminars for nonfiction writers or poets as well as tips for aspiring magazine writers. And perhaps the most wonderful thing is the feeling of support, honest sympathy and joy at the success of others that really gives you the confidence to give it a go.

2) You can do it

After the daytime program, there are speakers in the evening coming. They came from totally different genres: a publisher, a screenwriter, a poet and a crime writer. But they all carried one message, if sometimes quite hidden: even if you start with no contacts, no experience, no knowledge, you can make it if you really dig in, if you really try hard, if you don’t let yourself get discouraged by the first knockdowns. However, in the course of their careers, all of these people had one or more lucky moments that pushed them forward. But the more you give said screenwriter Julian Unthank, the higher the chance of a happy moment.

3) You should definitely bring a costume

Last year I made the glaring mistake of missing out on the dressing up craze of the English women. With my black and yellow floral dress, I was a wallflower compared to the debauched flower power designs of many of the other participants. That would not happen to me again. So, wisely, I visited my trusted fancy dress store in advance and was outfitted not only with a flapper dress and necklace but also gloves and feather hairband. It turned out to be necessary not only for the dress party: Because after I’d given myself enough courage to take part in this year’s theatrical performance, I was nevertheless cast as – of all things – the rich, murderous heiress. The dress wouldn’t have fitted any other role more perfectly. One of the Swanwick wonder moments.

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